4.1 Herstellung standardisierter Vorher-Nachher-Bilder in der Praxis
In der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie werden diverse Aufnahmen von unterschiedlichen Personen schnell hintereinander angefertigt, sodass wenig Zeit bleibt für umfangreiche individuelle Einstellungen und Messungen. Der Arzt in der Rolle des Medizinischen Fotografen wird deshalb ein Konzept bevorzugen, das ihm in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand den für seine Zwecke optimalen Vergleich zwischen Vorher- und Nachher-Zustand anhand von Fotografien ermöglicht. Im Folgenden wird ein System vorgestellt, das diese Vergleichbarkeit ermöglicht und mit einem akzeptablen Aufwand in der Praxis umgesetzt werden kann.
4.1.1 TAKE5-Konzept
Um eine möglichst gute Vergleichbarkeit zweier Situationen, also des Momentes vor einer Behandlung und des Momentes nach einer Behandlung, sicherzustellen, sollten zunächst bestimmte Aufnahmewinkel und Positionen fest definiert und für zukünftige Aufnahmen eingehalten werden. Wie bereits beschrieben wird die objektive Vergleichbarkeit bereits bei einer kleinen Abweichung erschwert.
Letztlich spielt dabei natürlich auch die Gesamtanzahl von Bildern bzw. die Auswahl der Aufnahmewinkel eine Rolle, wenn es darum geht, die körperliche Veränderung ausreichend zu erfassen und zu analysieren. Die jahrzehntelange Erfahrung in der Gesichtschirurgie lehrt, dass zur Analyse von Gesichtern in der Regel fünf Aufnahmen bzw. Winkelansichten ausreichend sind. Es erscheint daher naheliegend, diese formalisierten fotografischen Winkelansätze auch auf andere Körperregionen zu übertragen.
Auf Basis der Erkenntnisse aus der Gesichtschirurgie wurde vom Autor das sogenannte TAKE5-Konzept entwickelt. Es besagt, dass jeweils vor und nach der Behandlung fünf Aufnahmen aus fest definierten Winkeleinstellungen bzw. Haltungen des Patienten angefertigt werden.
Folgende Winkeleinstellungen werden vom Autor zur optimalen Erfassung des Patienten empfohlen (s. Abb. 21):
Winkeleinstellungen beim TAKE5-Konzept
+90 Grad | seitlich von links |
+45 Grad | seitlich von halblinks |
0 Grad | Frontalansicht |
-45 Grad | seitlich von halbrechts |
-90 Grad | seitlich von rechts |
Die notwendigen räumlichen und technischen Vorbereitungen (siehe Kapitel 4.3) zur Umsetzung von TAKE5 sind lediglich einmal zu treffen.
TAKE5 kann fortan vom Behandler im klinischen Alltag umgesetzt werden.
4.1.2 Region of Interest (ROI)
Je nach Indikation und durchzuführender chirurgischer Maßnahme sind die betroffenen und zu optimierenden anatomischen Regionen des Körpers für die Anfertigung der Vorher-Nachher-Bilder natürlich von maßgeblichem Interesse. Der Autor bezeichnet diese Regionen daher als „Regions of Interest“, kurz ROI. Folglich gilt es, diese ROI vom Behandler im Vorfeld der Behandlung und nach Abheilung fotografisch besonders exakt, detailliert und aussagekräftig zu dokumentieren und festzuhalten (s. Abb. 22). Die im weiteren Verlauf dieses Kapitels beschriebenen Einstellungsrichtlinien, zum Beispiel die Brennweite, sollten immer auf die ROI ausgerichtet sein.
Handelt es sich also bspw. um eine Rhinoplastik, so müssen sich die Einstellungen an der Nase und dem umliegenden Bereich ausrichten.
4.1.3 Doppelte Vergleichbarkeit
Entsprechend dem vorgestellten TAKE5-Konzept werden pro Patient insgesamt 10 Aufnahmen angefertigt – also 5 Vorher-Aufnahmen sowie 5 Nachher-Aufnahmen. Diese werden wie beschrieben zunächst jeweils in einer Reihe „Zustand präoperativ“ und in einer weiteren Reihe „Zustand postoperativ“ angeordnet. Beide Reihen werden schließlich zu einem Gesamtbild zusammengefügt, sodass auf horizontaler Ebene zunächst alle Einzelaufnahmen des Vorher-Zustandes und darunter alle Einzelaufnahmen des Nachher-Zustandes aufgereiht sind. Bei vertikaler Betrachtung kann somit jeweils der Vorher-Nachher-Zustand aus der entsprechenden Winkeleinstellung betrachtet werden.
Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Sicherstellung der so genannten „doppelten Vergleichbarkeit“. Diese besagt, dass die Einzelaufnahmen im Bildbearbeitungsprogramm so ausgerichtet werden sollten, dass jeweils die horizontalen als auch vertikalen Achsen übereinstimmen (s. Abb. 23).
4.1.4 Cross-Case-Vergleichbarkeit
Die beschriebenen Anforderungen an die „doppelte Vergleichbarkeit“ der Einzelbilder innerhalb eines Behandlungsfalls sollten im Optimalfall auch bei unterschiedlichen Behandlungsfällen – also „Cross-Case“ – gegeben sein. Dies gewährleistet der Behandler, indem er sich konsequent an die mit dem TAKE5-Konzept beschriebenen Einstellungswinkel hält und die Ausrichtung der Einzelbilder mit dem Bildbearbeitungsprogramm entsprechend angleicht. Dadurch garantiert er sowohl die optimale Vergleichbarkeit der Vorher-Nachher-Bilder eines Behandlungsfalls als auch die unterschiedlicher Behandlungsfälle.