3.2 Geschichtliche Entwicklung der Porträtierung
Wie bereits in Kapitel 2 kurz erwähnt, begann das Zeitalter der Fotografie im 19. Jahrhundert. Davor war es lediglich ein Privileg der Adligen und Reichen, Porträts in Form von Gemälden anfertigen zu lassen und zu besitzen [Meyer-Broicher, 2009]. Dies änderte sich, nachdem Joseph Nicéphore Nièpce (1765-1833) im Jahr 1826 das weltweit erste technisch angefertigte Foto entwickelte (s. Abb. 13). Nach weiteren Entwicklungen erreichte die Porträtierung Mitte des 19. Jahrhunderts durch das politisch und wirtschaftlich erstarkte Bürgertum und dank der preisgünstigeren Fotografie erstmals auch breitere Bevölkerungsschichten. Die Fotografie setzte sich schließlich immer mehr gegen die weit aufwändigere und exklusivere Form der Gemälde-Porträtierung durch, weshalb alleine in Paris rund 30.000 der Porträtmaler ihre Einkommensquelle verloren.
Zu Beginn der Fotografie wurden Porträtfotos noch handkoloriert, doch bereits 1861 entstand das erste Farbfoto, indem drei Schwarzweißaufnahmen durch drei verschiedene Farbfilter fotografiert wurden. In Paris versucht man im Jahre 1870 Farbfotografien herzustellen, indem man drei Teilaufnahmen mit drei farbigen Pigmentfolien auf einer weißen Unterlage zu einem Aufsichtsbild übereinander montierte.
Ab 1907 stellten die Brüder Auguste und Louis Lumière in Lyon die ersten kommerziell produzierten Materialien für die Farbfotografie, die sogenannten Autochrome-Platten her. Durchsichtige Partikel in violett, rot und grün in einem feinen Raster wirkten dabei wie kleine Farbfilter. Erstmals war es mit diesem Verfahren möglich, eine Farbfotografie mit einer einzigen Aufnahme anzufertigen.
Nach dem Ersten Weltkrieg (1918) produzierte das Unternehmen Agfa bald ähnliche Farbplatten und auch der Konkurrent Kodak arbeitete an einer Weiterentwicklung der Farbfotografie. 1935 wurde der Kodachromefilm vorgestellt, der erste kommerziell erfolgreiche Dreifarbenfilm mit natürlicher Farbwiedergabe. Bis in die 1990er Jahre war er das bevorzugte Diafilmmaterial vieler Berufsfotografen und anspruchsvoller Fotografie-Amateure.
Anfang 2000 trat jedoch die digitale Fotografie ihren Siegeszug an und beendete die langjährige Erfolgsgeschichte der nicht-digitalen Technik. Der Trend der Digitalfotografie hält bis heute an und bringt ständig neue Entwicklungen hervor [Meyer-Broicher, 2009]. Unzählige Kameramodelle sind heute auf dem Markt erhältlich und auch nahezu jedes Mobiltelefon ist mittlerweile mit einer Digitalkamera ausgestattet. Dank der unzähligen technischen Innovationen und Weiterentwicklungen (z. B. die automatische Gesichtserkennung) ist heute vergleichsweise wenig Aufwand erforderlich, um professionelle Fotografien anzufertigen. Davon profitiert letztlich auch die Medizinische Dokumentation im Rahmen der Porträtfotografie im Praxisalltag, um die es in diesem Buch in erster Linie geht.