4.3 Praxisausstattung
In diesem Kapitel werden die technischen und räumlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des Konzeptes ausführlich erläutert. Diese sind als Anhaltspunkte zur Annäherung an das optimale Ergebnis zu verstehen.
4.3.1 Fototechnische Ausstattung
Zur Umsetzung des TAKE5-Konzeptes sind gewisse fototechnische Anschaffungen notwendig. Da der Autor das vorgestellte Konzept selbst im klinischen Alltag umsetzt, halten sich diese jedoch in einem akzeptablen Rahmen.
DIGITALE SPIEGELREFLEX-KAMERA
Standardmäßig sollte der Behandler eine digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) zur Anfertigung der Bilder einsetzen (s. Abb. 34). Auf digitale Kompaktkameras sollte nach Möglichkeit verzichtet werden, da diese zum einen weniger manuellen Einstellungsraum (Brennweite etc.) bieten und zum anderen im Praxisalltag schlechter zu handhaben sind. Beispielsweise ist eine exakte Montage auf dem Stativ erschwert.
OBJEKTIV
Viele Hersteller liefern ein Standard-Objektivsystem mit einer Brennweite von 18 mm bis 55 mm bei dem Erwerb einer neuen Kamera mit (s. Abb. 35). Objektive mit dieser Brennweite sind im Normalfall und bei üblichen räumlichen Verhältnissen völlig ausreichend.
BLITZGERÄT
Zur optimalen Objektausleuchtung sollte ein professionelles Blitzgerät zum Einsatz kommen, beispielsweise das vom Autor verwendete System CANON Speedlite 580EX (s. Abb. 36a). Gerade bei näheren Aufnahmen kann es zudem sinnvoll sein, eine sogenannte Ringblitzleuchte einzusetzen, um die Ausleuchtung zu erhöhen und damit die Schattenbildung weiter zu reduzieren. Ringblitzleuchten sind im Gegensatz zu einem normalen Blitzsystem rund um das Objektiv positioniert und über ein Kabel mit der Kamera synchronisiert (s. Abb. 36b).
ZUSÄTZLICHER PORTABLER BLITZ
Je nach Raumgröße und Lichtverhältnissen kann es empfehlenswert sein, ein zusätzliches portables Studioblitzgerät aufzustellen. Dieses sollte mit einer sogenannten Softbox ausgestattet sein, die für eine weiche, gleichmäßige Ausleuchtung sorgt und scharfe Kanten verhindert. Auf diese Weise können ROIs gleichmäßig und ohne störende Schatten und Kanten erfasst werden. Als Hersteller von Studioblitzgeräten sind beispielsweise METTLE Studiosystems oder WALIMEX Systeme der Firma Foto Walser zu nennen (s. Abb. 37).
SPEICHERKARTE UND LESEGERÄT
Obligatorisch sind zudem eine Speicherkarte mit ausreichender Speicherkapazität (z. B. 64 GB) und ein Speicherkartenlesegerät (sofern es am Rechner kein festinstalliertes Laufwerk gibt). Speicherkarten lassen sich meist auch dann entnehmen, wenn die Kamera fest am Stativ installiert ist. So kann häufiges Ab- und Aufmontieren der Kamera vermieden werden, was zwangsläufig zu kleineren Veränderungen der Einstellungsausrichtung führt und zudem zeitaufwendig ist.
STATIV
Ein Dreibein-Stativ mit festdefinierten Einstellungsgrößen (Höhe, Winkel) garantiert die Vergleichbarkeit der angefertigten Aufnahmen. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, mit einem professionellen Stativ zu arbeiten. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass kostengünstige Stative (Preisklasse 20 bis 50 Euro) den Anforderungen des täglichen Einsatzes meist nicht gerecht werden (ungenügende Fixierung, geringe Haltbarkeit). Der Behandler sollte auf ein qualitativ hochwertiges Produkt in einer angemessenen Preisklasse zurückgreifen. Als Hersteller höherwertiger Dreibein-Stative sind Manfrotto, Velbon oder Siriu zu nennen.
4.3.2 Räumliche Anforderungen
Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit sollten alle Vorher-Nachher-Aufnahmen unter den gleichen räumlichen Bedingungen angefertigt werden. Das heißt, dass alle Aufnahmen im gleichen Raum und an der gleichen Position im Raum angefertigt werden sollten. Weitere wichtige Anforderungen werden im Folgenden thematisiert.
Definierter Abstand
Der Abstand zum Patienten sollte einmal definiert und für alle Folgeaufnahmen übernommen werden. Für Kopf-/Gesichtsaufnahmen hat sich hier ein Abstand von 1,5 m, für Gesamtkörperaufnahmen von 2,0 m bewährt. Die notwendige Einhaltung des Abstandes lässt sich durch ein fest installiertes Stativ realisieren. Alternativ werden Boden-Markierungen empfohlen, die die unterschiedlichen Positionen des Statives definieren.
STATIVEINSTELLUNGEN
Neben dem Abstand zum Patienten sind die eingestellte Höhe des Stativs sowie die exakte Ausrichtung (Winkel des Stativkopfes) einmal zu definieren und dann ebenfalls für alle weiteren Aufnahmen fest einzuhalten.
ACHSEN BEACHTEN
Weil Patienten unterschiedlich groß sind, sollte ein höhenverstellbarer Stuhl zum Einsatz kommen, der immer auf eine entsprechende Höhe eingestellt wird, damit alle angefertigten Aufnahmen die gleichen Achsen aufweisen. So kann beispielsweise eine Markierung an der Wand dabei helfen, eine standardisierte Höheneinstellung vorzunehmen, so dass sich der Kopf der Patienten auf den Aufnahmen immer in der gleichen Höhe befindet.
FIXATIONSPUNKTE
DEFINIERTE BLICKWINKEL
Eine pragmatische Lösung für die Anfertigung der vorgestellten TAKE5-Aufnahmen mit fest definierten Blickwinkeln sind an den Wänden angebrachte Fixationspunkte, die dem Patienten einen Anhaltspunkt für die richtige Körper- und Kopfstellung geben. So wird der Patient zunächst mithilfe eines höhenverstellbaren Drehstuhls auf die exakt gleiche Augenhöhe zum Fotografierenden eingestellt. Im Anschluss werden sukzessive die definierten TAKE5-Bilder angefertigt, indem sich der Patient mittels des Drehstuhls jeweils in die entsprechende Winkelposition dreht und seinen Blick auf die korrespondierenden Fixationspunkte richtet. Alle beispielhaft aufgeführten Aufnahmen im Buch wurden mit Hilfe solcher Fixationspunkte angefertigt.
SENKRECHTE ACHSEN BEACHTEN
Sowohl bei den Gesichtsaufnahmen als auch bei den Gesamtkörperaufnahmen ist darauf zu achten, dass die senkrechten Achsen streng eingehalten werden. Dies gilt für die Position des Patienten ebenso wie für die Aufnahmeachsen des technischen Equipments.
LICHTVERHÄLTNISSE
Auch den Lichtverhältnissen kommt bei der Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Vorher-Nachher-Bilder eine große Bedeutung zu, weshalb diese bei der Fotoerstellung möglichst gleichbleibend und identisch sein sollten. Hinsichtlich der Lichtfarbe ist dies gerade bei Räumen mit natürlichem Tageslicht kaum möglich, da sich die Farbanteile im Licht ständig ändern und je nach Jahres- und Tageszeit variieren (s. Abb. 38). Wird die Vorher-Aufnahme eines Patienten beispielsweise morgens um 8 Uhr angefertigt, die Nachher-Aufnahme jedoch nachmittags um 16 Uhr, so wäre die Vergleichbarkeit bereits durch die unterschiedlichen Lichtfarben erschwert. Abhilfe kann hier der sogenannte Weißabgleich schaffen (s. dazu auf Kapitel 5.2.3, Punkt „Weißabgleich“). Nicht nur die Lichtfarbe, auch die Lichtintensität ist von der Jahres- und Tageszeit abhängig. Zudem spielen auch die Wetterbedingungen eine wichtige Rolle (klarer Himmel, bedeckter Himmel, Gewitter, Nebel usw.). Nach Möglichkeit sollte die Anfertigung der Fotos daher in einem Raum erfolgen, der vom Tageslicht unabhängig oder weitestgehend abgekoppelt ist (z. B. Jalousien, Vorhänge). Die gewählte künstliche Beleuchtung sollte nach Möglichkeit eingehalten werden. Beim Austausch von Lampen und Leuchtmittel ist darauf zu achten, die gleichen Wattzahlen zu verwenden.
WEISSER HINTERGRUND OHNE SCHATTEN
Nach Möglichkeit sollte der bei der Aufnahme mit abgelichtete Hintergrund keine Störungen (Strukturen, Kanten, Ecken etc.) aufweisen und im Optimalfall weiß gehalten sein. Dies garantiert die Konzentration auf das Wesentliche (die ROI) und verhindert Ablenkungen oder unerwünschte Effekte, die zu einer verzerrten Wahrnehmung des Objektes führen könnten. Um Schattenbildungen mehrerer Aufnahmen bei gleicher Belichtung aus verschiedenen Winkeln optimal zu reduzieren, empfiehlt der Autor eine gebogene Rückwand (s. dazu auch „Umsetzung des Autors“ am Ende des aktuellen Kapitels). Sollte dies nicht möglich sein, so kann das angefertigte Bild mittels eines Bildbearbeitungsprogrammes am Rechner nachträglich „freigestellt“ und mit einem weißen Hintergrund versehen werden (s. dazu Kapitel 4.5).
SCHATTENBILDUNG IN DER ROI
Großes Augenmerk sollte auf die Verhinderung von Schattenbildungen gelegt werden. Weist die ROI Schatten auf, erschwert dies zum einen computergestützte Analysen und zum anderen die Anfertigung von Computersimulationen mit Programmen, beispielsweise dem Plastic Surgery Simulator (www.plastic-surgery-simulator.com).
Die ROI sollte daher möglichst gleichmäßig ausgeleuchtet sein. Wie in Kapitel 4.3.1 bereits erläutert, kann z. B. ein zusätzlicher Blitz für eine gleichmäßige Ausleuchtung sorgen. Zudem sollte auch der Hintergrund keine Schatten aufweisen, die sich im Tagesverlauf durch die geänderte Lichteinstrahlung verändern. Dies würde die Vergleichbarkeit der Aufnahmen erschweren.
Praxistipp Stephan Gutbier:
Bei vermutlich allen aktuell erhältlichen digitalen Spiegelreflexkameras können Gitterlinien im Kamerasucher eingeblendet werden, welche die Orientierung bei der Auswahl des Bildausschnitts erleichtern. Wie vom Autor erwähnt ist der Raum, in dem die Vorher-Nachher-Bilder angefertigt werden, im Optimalfall möglichst unabhängig vom Tageslicht und immer gleich ausgeleuchtet. Ist dies nicht zu realisieren, sollte der Arzt die notwendige Lichtsituation durch entsprechende Fotolichttechnik den Aufnahmen anpassen. Die Verschlusszeit und Blende der Kamera müssen entsprechend den Aufnahmen immer gleich gewählt werden. Bezüglich des Objektivs bleibt nur festzustellen, dass sich die Qualität hier ganz klar am Preis bemisst. Hinsichtlich der Ausleuchtung ist es aus meiner Sicht empfehlenswert, hier eine Kombination aus Ringblitz, Leuchte und Aufheller und/oder Zangenlicht mit zwei aktiven Leuchten einzusetzen.
*Medizinfotograf der Uniklinik Köln
4.3.3 Umsetzung des Autors
Um den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden und ein gleichbleibend, gutes Ergebnis zu erziehen, richtete der Autor eine Fotoecke (ca. 6-8 m2, s. Abb. 39 + 40) in einem der Besprechungsräume ein.
Die Fotoecke wurde mit einer gebogenen Rückwand versehen, sodass eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne Schatten gewährleistet ist (die Anschaffung eines professionellen Fotohintergrundes bzw. einer Hohlkehle ist durchaus ratsam). Des Weiteren steht ein höhenverstellbarer Drehstuhl in der Ecke, auf den zwei Studioblitze mit Softbox gerichtet sind. Patienten nehmen auf diesem Stuhl Platz und wechseln die Ausrichtung von Gesicht und Körper, indem der Blick nacheinander auf verschiedene Fixpunkte gerichtet wird. Wichtig ist hier, dass nicht nur die Augen den entsprechenden Fixpunkt anvisieren, sondern der ganze Körper gedreht wird.
Zwischen den Studioblitzen nimmt der Autor auf einem weiteren Stuhl Platz, während er die Aufnahmen anfertigt. Ein Stativ stabilisiert die Kamera, um ein Verwackeln der Fotos zu unterbinden.
Zusätzlich befindet sich ein Studioblitz hinter dem Patientenstuhl. Dieser ist auf die Rückwand gerichtet, um den Schattenwurf des Patienten entgegenzuwirken.
Sind Ganzkörperaufnahmen geplant, werden die Stühle entfernt und der Patient stellt sich aufrecht auf eine Markierung am Boden.
Ausstattung
1. Leuchten/Blitz
- 2x Metz Soft Box 50-70
- Metz mecastudio BasicLine 200
- Helios Studioblitz LD 250s
- CANON Macro Ring Lite MR-14EX
2. Funkauslöser
- Kaiser FlashTrig 16
3. Digitale Spiegelreflexkamera
- CANON EOS 400D (Grundsätzlich gilt: Ähnlich ausgestattete digitale Spiegelreflexkameras anderer Hersteller sind sicherlich ebenso gut für die Anfertigung der Vorher-Nachher-Bilder geeignet.)
4. Objektiv
- SIGMA DC 17-70 mm (1:2.8 – 4.5)
5. Speicherkarte (und Lesegerät)
6. Hintergrund/Hohlekehle
(empfehlenswert)